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rDME (Erneuerbarer Dimethylether): Aussichtsreicher Kandidat für die Energie der Zukunft


Im Zuge der Dekarbonisierung müssen fossile Energieträger (schrittweise) durch erneuerbare ersetzt werden. Das perfekte Substitut für fossiles Flüssiggas ist biogenes Flüssiggas (Bio-LPG), da es sich in seiner chemischen Zusammensetzung nicht davon unterscheidet. Als Alternative bzw. Ergänzung dazu kommt Erneuerbarer Dimethylether (rDME) infrage. Er kann sowohl in reiner als auch gemischter Form (als Drop-in) eingesetzt werden.

 

Dimethylether (C2H6O) (Bild: Adobestock 192901251 / knowlesgallery)

Propan (C3H8) (Bild: Adobestock 61080270 / ollaweila)

Butan (C4H10) (Bild: Adobestock 61079925  / ollaweila)

(Bild: Primagas)

 

Was ist rDME?

Dimethylether (C2H6O) ist ein einfaches Molekül mit ähnlicher chemischer Zusammensetzung und ähnlichen Eigenschaften wie LPG (Propan und Butan). Unter Norm­bedingungen (1 atm, 20 °C) ein ungiftiges, leicht narkotisches, farb- und geruchloses brennbares Gas, lässt sich DME bei geringem Druck (~ 5 – 7 bar) verflüssigen und in der Flüssigphase problemlos in Druckflaschen und Tanks speichern und transportieren. Aufgrund seines Sauerstoff­gehalts von 35 Gew.-% verbrennt DME besonders sauber und nahezu partikelfrei.

DME ist übrigens seit langem etabliert. Vermutlich gibt es kaum einen Haushalt, indem er nicht als Treibgas  in Spray­dosen zum Einsatz käme.

Ein großer Vorteil von Dimethylether besteht darin, dass er mithilfe bestehender Technologien aus einer Vielzahl erneuerbarer Rohstoffe hergestellt werden kann (rDME = renewable DME). Die nachhaltige Produktion von rDME kann demnach schnell ausgeweitet werden.

Laut Angaben des Research-Instituts ‚frontier economics‘ zeichnet sich rDME – je nach Ausgangsprodukt – durch einen Emis­sionsfaktor von durchschnittlich 15 g CO2/MJ aus: „Dieser Emissionsfaktor entspricht einer CO2-Einsparung um 77 % bis 80 % gegenüber LPG und Heizöl. Zum Vergleich: Gemäß RED II würde rDME unterhalb eines Emissionsfaktors von 28,2 g CO2/MJ das Kriterium für die Einstufung als ‚renewable fuels of non-bio­logical origin‘ (RFNBO) erfüllen.“

Einen großen Nachteil gibt es allerdings auch: Anders als für Flüssiggas ­gelten für den Einsatz von rDME in Wasserschutz­gebieten besondere Anforderungen.

 

Herstellung

Für die Herstellung von regenerativem ­Dimethylether als Primärbrennstoff exis­tieren mehrere synthetische Verfahren (auf Basis von grünem Wasserstoff und abgeschiedenem CO2 und anderen Gasen aus der Stahl-, Aluminium- oder Zementindus­trie). Sie kann aber auch ohne Zuhilfenahme von knappem Elektrolyse-Wasserstoff erfolgen – durch Direktsynthese aus Synthesegas oder durch Dehydrierung von Methanol (CH4O). Mögliches Ausgangsmate­rial hierfür ist kommunaler Müll, ebenso wie organischer ­Abfall, Dünger oder Biomasse. Mit der Verarbeitung dieser Mate­rialien werden also gleichzeitig Umweltprobleme gelöst.

Der Herstellungsprozess ist ­relativ unaufwendig, da nicht ­eigens ein Sauerstoffatom entfernt werden muss. Eine dezentrale Produktion an oder in der Nähe der Rohstoff-Quelle ist möglich.

rDME wird bereits im kommerziellen Maßstab hergestellt: 2021 hat Oberon Fuels aus San Diego als Pionier in den USA erstmals organischen Abfall aus der Re­gion in sauberen, kohlenstoffarmen Kraftstoff umgewandelt. Mittlerweile exportiert das Unternehmen in alle Erdteile.

 

Bedarf

Im Auftrag der Prima­gas Energie GmbH hat ‚frontier economics‘ eine unab­hängige Studie über „Das Potenzial von erneuerbarem Dimethylether (rDME) für die ­Klimawende in Deutschland“ erstellt, die im Mai 2024 veröffentlicht wurde.

Ausgehend vom aktuellen Wohnungs­bestand mit nicht netzgebundenen Energieträgern in Deutschland haben die Verfasser der Studie das Nachfragepoten­zial nach rDME aus privaten Haushalten in Deutschland errechnet. Für das Jahr 2030 ergeben sich hierbei mindestens 335.000 t bzw. 2,7 TWh. Im Jahr 2045 – wenn gemäß GEG 100 % (statt zuvor 65 %) erneuerbare Energie genutzt werden muss – steigt das Nachfragepotenzial auf mindestens 1,8 Mio. t rDME bzw. 14,3 TWh an.

Weil bis dahin mehr als 2,2 Mio. Heizungen hierzulande von fossilem Flüssiggas und Öl auf rDME umgestellt werden könnten und zusätzlich davon auszugehen ist, dass auch Sektoren wie Industrie, Land- und Forstwirtschaft ihre ­rDME-Nachfrage erhöhen werden, erwarten die Forscher eine rDME-Nachfrage von bis zu 4 Mio. t.

Diese Menge könnte problemlos produziert werden: Im Hinblick auf das geschätzte Abfallpotenzial geht ‚frontier economics‘ von einem Produktionspotenzial von 12 Mio. t jährlich aus.

Durch den Einsatz von rDME wäre ­allein im Gebäudesektor eine Reduzierung der CO2-Emis­sionen von mindestens 4,5 Mio. t pro Jahr möglich.

 

Drop-in

Aufgrund der vielen gemeinsamen Eigenschaften ist es möglich, rDME mit LPG zu mischen. Da die beiden Gase chemisch sehr ähnlich, aber nicht identisch sind, wirken wie sich allerdings unterschiedlich auf Materialien aus. Mögliche/sinnvolle Mischungsverhältnise sowie die techni­schen Voraussetzungen für den flächendeckenden Einsatz von rDME in Standard-Flüssiggas­anlagen in Neu- und Bestandsgebäuden werden noch erprobt. So betreibt z. B. die Prima­gas Energie GmbH eine Testanlage in Kesselsdorf mit dem Ziel, einen rDME-Prototypen zu entwickeln, bei dem alle Komponenten ­rDME-beständig und für den Einbau beim Kunden zugelassen sind. Dabei arbeitet der Energieversorger mit deutschen Marktführern aus den Bereichen Heizungstechnik und Gasanlagenbau zusammen.

Aufgrund umfangreicher Forschungen und La­bortests lässt sich bereits feststellen: Eine rDME-Konzentration von maximal 20 % erfordert keine Änderung der verwendeten Geräte oder Infrastruktur. Da es aufgrund der unterschiedlichen Verdampfungseigenschaften von DME und LPG zu einem Anreicherungsphänomen kommt, hat sich die Branche aus Sicherheitsgründen auf eine Beimischung von 12 Masse-% DME geeinigt. So kann das Maximal­plateau von 20 % nicht überschritten werden.

Um zu dieser Definition des idealen LPG/rDME-Mischungsverhältnisses zu gelangen, haben mehr als 100 einzelne Mitglieds­experten der World Liquid Gas Association (WLGA), die in verschiedenen Arbeitsgruppen organisiert waren, daran gearbeitet, Fragen zu Materialkompati­bilität, Lagerung, Betrieb, Transport, Geräten und Ausrüstungs zu klären.

Ein erster wichtiger Meilenstein wurde im Juli erreicht: In der-Sitzung des UN-Expertenunterausschusses für den Transport gefährlicher Güter in Genf wurde der WLGA-Antrag, dass die UN-Nummern UN 1075 und UN 1965 „nicht mehr als 12 Massenprozent Dimethylether“ enthalten dürfen, genehmigt.

Im nächstenSchritt hat die WLGA die neue Definition von „LPG“, die ebenfalls bis zu 12 Massenprozent Dimethylether zulässt, bei der Gemeinsamen RID/ADR-Tagung in Genf beantragt.

 

Reiner rDME

Reiner rDME eignet sich für die Industrie und als Kraftstoff für Schwerlastfahrzeuge. Der Nachteil hierbei: Die Ausrüs­tung muss angepasst werden.

Was rDME für die Industrie besonders interessant macht, ist seine Eignung als Wasserstoffträger, der bei niedrigen Temperaturen leicht umwandelbar ist.

Für DME als Kraftstoff  gibt es bereits eine ISO-Norm (ISO 16861) und eine ASTM-Norm (ASTM D7901). Seit Ende 2022 existiert auch eine technische Spezifikation (DIN TS 51698 Kraft- und Brennstoffe – Anforderungen – Dimethylether (DME) für DME zum Einsatz in Dieselmotoren), die als Vorläufer einer offiziellen DIN-Norm dient. Der rechtliche Rahmen für den Verkauf von 100 % rDME ist also vorhanden.

Für die Erstellung einer Norm für eine LPG/rDME-Mischung bedarf es weiterer Forschungen und Tests.

 

Forschungsstudien

Die vom Deutschen Verband Flüssig­gas e. V. (DVFG) beim Gas-Wärme-Institut e. V. Essen in Auftrag gegebene Studie „Der Weg zum rDME betriebenen Gasgerät: Technische Umsetzung und Klärung der Zulassung“ ist bereits abgeschlossen. Hier ging es um die Ermittlung brenntechnischer Kenndaten und den Vergleich mit dem aktuellen Regelwerk. Das Ergebnis – grob vereinfacht: Der Betrieb von Flüssiggasgeräten mit rDME (100 %ig sowie als Gemisch 65 % rDME/35 % LPG) ist möglich.

Um detailliertere Kenntnisse zu erlangen, wurde im Juli 2024 das Forschungsprojekt „DME im Flüssiggasmarkt“ gestartet, angelegt auf eine Laufzeit von 21 Monaten. Bei diesem Projekt ist der DVFG Kooperationspartner und Co-Finan­zier des Auftraggebers DVWG (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.).

Projektpartner sind das Gas-Wärme-­Institut e V., ­Essen, die DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT sowie die DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH. Ziel ist es, anhand von Literaturrecherchen, Labor­untersuchungen an Materialproben sowie umfassenden Untersuchungen an Gasgeräten verschiedener Bauart wissenschaftlich fundierte Ergebnisse zu liefern, um technische Grenzwerte und Aussagen zu Verbrennungs­parametern für die Branche sicher festzulegen. Diese Ergebnisse sollen dann als Grundlage für die Integra­tion von Dimethylether ins technische Regelwerk dienen.

 

Fazit

Die Wahl eines geeigneten Heizungs­systems hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Nicht immer ist „all electric“ die geeignete Lösung. Gerade in ländlichen und netzfernen Gebieten stellen grüne Moleküle wie Bio-LPG und/oder rDME vor allem kurz- bis mittelfristig eine prakti­kable und bezahlbare Lösung zur De­karbonisierung dar, da sie die bestehende Infrastruktur nutzen.

Als Voraussetzung für eine zügige Einführung von rDME müsste die Politik ­einen fairen Marktzugang ermöglichen, indem sie rDME auf Basis von Abfall- und Reststoffmengen als gültige Erfüllungs­option in § 71f des Gebäudeenergie­gesetzes (GEG) verankert.

 


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