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Politische Weichenstellung für Flüssiggas


Welche Rolle spielt Flüssiggas in den Augen der Politik für den Klimawandel? Wird die Branche in den neuen Gesetzen/Gesetzesentwürfen ausreichend berücksichtigt? Wir sprachen mit Dr. Andreas Stücke, dem Geschäftsführer des DVFG (Deutscher Verband Flüssiggas e. V.).

 

Dr. Andreas Stücke, Geschäftsführer des DVFG. (Foto: Die Hoffotografen GmbH, Berlin)

 

FLÜSSIGGAS: Herr Dr. Stücke, die neuen Gesetze des Klimaschutzpakets stellen die politischen Weichen für die Zukunft. ­Inwieweit konnten/können Sie als Verband Einfluss darauf nehmen?

Dr. Stücke: Das Ende 2019 verabschiedete Klimaschutzpaket hat sicherlich wichtige Grundsteine gelegt, deren Auswirkungen auch die Geschicke der Flüssiggas-Wirtschaft in den kommenden Jahren mitbestimmen werden. Wir beobachten jedoch an vielen Stellen, dass unsere Kern­botschaften – insbesondere die Emissionsvorteile, die Flüssiggas im Vergleich zu anderen Energieträgern bietet und das ­extrem niedrige Treibhauspotenzial – von der ­Politik wahrgenommen werden. Als Interessenvertretung einer überwiegend mittelständisch geprägten Branche gilt es, sich sowohl im direkten Dialog mit der ­Politik als auch über die Mittel der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit immer wieder hartnäckig Gehör zu verschaffen.

 

FLÜSSIGGAS: Das ist sicher ein langwieriger und aufwendiger Prozess...

Dr. Stücke: Durchaus, das gilt allerdings für alle Beteiligten, also auch die politischen Entscheider selbst. Allein das Gebäudeenergiegesetz hat – über Jahre hinweg – mehrere Anläufe benötigt. Nicht ohne Grund: Das am 29. Januar im Deutschen Bundestag behandelte Gesetz umfasst über 200 Seiten – das verdeutlicht die Bandbreite der Interessen, die von dieser gesetzlichen Neuordnung des Wärmemarktes berührt werden. Entsprechend laut und vielfältig sind die Stimmen, die versuchen, Einfluss zu nehmen. Eine der größten Herausforderungen liegt also darin, der Politik die mitunter durchaus erklärungsbedürftigen, komplexen Anlie­gen unserer Mitgliedsunternehmen pointiert zu vermitteln. Das einmalige ­Absenden einer Botschaft kann da nicht ausreichen; wir müssen stets mehrfach nachsetzen. Wer keine Lust hat, sich zu wiederholen, ist in der Verbandsarbeit nicht gut aufgehoben.

 

FLÜSSIGGAS: Mit dem neuen Brennstoff­emissions­handelsgesetz BEHGB wird eine Bepreisung von CO2 für die Sektoren Wärme und Verkehr eingeführt. Wie schätzen Sie die Auswirkungen auf die Flüssiggasbranche ein?

Dr. Stücke: Auch wenn uns – als noch größtenteils auf Basis fossiler Ressourcen operierender Branche – der Gedanke einer höheren Bepreisung dieser Energieträger-Gruppe grundsätzlich nicht besonders gefallen mag: Die konkrete Ausgestaltung spiegelt letztendlich den CO2-Emissionsvorteil von Flüssiggas im Vergleich zu anderen betroffenen Optionen wider. Die Preisschere wird sich also innerhalb dieses Segments zugunsten von Flüssiggas öffnen – und das werden auch die Verbraucher registrieren.

 

FLÜSSIGGAS: Das Gebäudeenergiegesetz ging jetzt mit den Änderungsvorschlägen des Bundesrats in die 1. Lesung des Deutschen Bundestages. Sehen Sie in der momentanen Fassung Flüssiggas ausreichend gewürdigt?

Dr. Stücke: Der Gesetzentwurf, der es nun – anders als vorherige Anläufe – bis in den Deutschen Bundestag geschafft hat, stellt im Vergleich zu den früheren Entwürfen ­bereits einen großen Fortschritt für unsere Branche dar. Er greift zahlreiche von uns immer wieder vertretene Anliegen auf. Dies betrifft insbesondere die gesetzliche Anerkennung von biogenem Flüssiggas als eigenständige Art „gasförmiger Biomasse“ und die Gleichstellung mit ­Biomethan, sprich die Anerkennung als Erfüllungsoption unter Verwendung eines Massenbilanzsystems. Auch für konventionelles Flüssiggas konnte ein Erfolg verbucht werden; es soll bei der Quartiersversorgung künftig mit einem Primärenergiefaktor von 0,6 eingesetzt werden. Ganz zufrieden sind wir aber tatsächlich noch nicht, weil das CO2-Einsparpotenzial von ­Flüssiggas in Gebieten ohne Zugang zum Erdgasnetz in der aktuellen Entwurfsfassung noch längst nicht ausgeschöpft wird.

 

FLÜSSIGGAS: Welche Änderungswünsche haben Sie an die Politik?

Dr. Stücke: Wir setzen uns dafür ein, die im Gesetz formulierten Alternativen zur ­Ölheizung um Flüssiggas zu ergänzen. Die bislang im Entwurf gewählte Formulierung sieht vor, dass Ölheizungen ab 2026 weiterhin installiert werden dürfen, wenn kein Zugang zum Erdgas- oder Fern­wärmenetz vorhanden ist. Flüssiggas wird damit ausgeschlossen – obwohl sich der leitungsunabhängige Energieträger gerade in diesen Fällen anbietet. Nach ­einer neuen Analyse der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH liegen 1,53 Mio. der ins­gesamt 5,87 Mio. Ölheizungen in Deutschland außerhalb erdgasversorgter Gebiete und sind somit auf eine leitungsunabhängige Alternative angewiesen. Gleiches gilt für 1,55 Mio. Ölheizungen, die sich zwar innerhalb erdgasversorgter Gebiete befinden, jedoch über 500 m vom Netz­zugang entfernt sind. In diesen Fällen gilt die Schaffung eines Zuganges zum Netz als unwirtschaftlich. Daher bietet sich bei 3,08 Mio. Ölheizungen eine Umstellung auf den leitungsunabhängigen Energieträger Flüssiggas an. Damit könnten pro Jahr 4 Mio. t CO2 eingespart werden.

 

FLÜSSIGGAS: Besteht die Möglichkeit, hier noch Veränderungen im Gesetzestext herbeizuführen?

Dr. Stücke: Wir werden sehen, ob es gleich im ersten Anlauf gelingt, Flüssiggas im nicht erdgasversorgten Raum gegenüber Heizöl zu privilegieren. Der Druck auf die Klimaschutzpolitik ist immens, endlich auch im Gebäudebestand CO2-Einsparziele zu erreichen. Über kurz oder lang kommt die Politik daher nicht um unseren Vorschlag herum: vier Millionen mit dem Einsatz von Flüssiggas einzusparende Tonnen CO2 lassen sich nicht dauerhaft ignorieren.

 

FLÜSSIGGAS: Welche neuen Gesetze sind für die Branche außerdem relevant? Ich denke da zum Beispiel an den Verkehrssektor.

Dr. Stücke: Aus unserer Sicht sollte die ­Politik den Steuervorteil für Autogas ­erneut verlängern. Nach aktuellem Stand der Gesetzgebung liefe er Ende 2022 aus – zum Leidwesen zahlreicher Viel­fahrer und Pendler, die mit Autogas bereits auf eine emissionsarme Alterna­tive ­setzen. Ferner muss die unbegründete Bevorzugung von LNG gegenüber Auto­gas im Schwerlastverkehr endlich be­endet werden. Die Stichworte lauten hier Maut und Fördermittel. Es gibt jedoch da­rüber ­hinaus noch übergeordnete, nämlich sektorübergreifende Themen, die die ­Zukunft unserer Branche maßgeblich formen werden: Ich denke hier ins­besondere an synthetisches Flüssiggas. Es kommt darauf an, Flüssiggas einen Platz  „in der ersten Reihe“ zu sichern, wenn der gesetzliche Rahmen für künftige PtX-Technologien abgesteckt wird. Aus ­diesem Grund engagiert sich der DVFG bereits in der Global Alliance Power Fuels und im Rahmen der ­Power to X Allianz, die sich für ein Markteinführungsprogramm stark macht.

 

FLÜSSIGGAS: Herr Dr. Stücke, herzlichen Dank für das interessante Gespräch und alles Gute für Ihre weitere Arbeit.

 

www.dvfg.de

 

 

 

 


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