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Flüssiggas an Bord: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt


Seit nunmehr 15 Jahren bietet der österreichische nautische Pannendienst SeaHelp Pannenhilfe und Bergedienste für die europäische Sportschifffahrt. Zum Aufgabengebiet der „gelben Engel auf dem Wasser“ gehört unter anderem auch die Aufklärung über den richtigen Umgang mit Flüssiggas an Bord und mögliche Gefahrenquellen.

 

Nicht sichtbare Teile und Aufbau der Flüssiggasanlage: Flasche – Absperrventil – Leitung(en) – Absperrventil(e) – Verbrauchsstelle(n). (Bild: GOK)

(Bild: Leo Hugl)

Betrieb von Gasflaschen. (Bild: GOK)

Um den für die Verbrauchsstellen erforderlichen konstanten Betriebsdruck von 30 mbar bzw. 50 mbar (bei Bestandsanlagen) zu erzeugen, ist dem Flaschenventil ein Druckminderer nachgeschaltet. (Bildquelle: GOK)

Wichtig an Bord: CO-Warner. (Bildquelle: Nemaxx, Ei Electronics, Cordes)

Überblick über mögliche Symptome und Verlauf der Kohlenmonoxidvergiftung in Abhängigkeit von CO-Konzentration und Zeitraum der Aufnahme.

Aufbau und Funktionsweise einer Standheizung. (Bild: Eberspächer Airtronic)

Standheizung: Abgasführung. (Bild: Webasto)

Undichte Abgasführung: Typische Schadensbilder aus der Praxis. (Bild: Leo Hugl)

 

Ein Kooperationspartner von SeaHelp ist Leo Hugl. In einemVortrag auf der letzten „Boot Tulln“, der größten Boots- und Wassersportmesse Österreichs, hat er interessierte Skipper über die Gefahren von Flüssiggas an Bord und die richtige Bedienung der Flüssiggasanlage informiert. Hier eine Zusammenfassung seiner Ausführungen:

 

Gefahrpotenzial Flüssiggas

Warum kann eine Flüssiggasanlage, ein 12/24-Volt-Bordnetz, eine Klimaanlage oder eine Standheizung an Bord lebensgefährlich sein? Um die Risiken und Gefahren richtig einschätzen zu können, ist es unabdingbar, sich mit den chemischen und physikalischen Eigenschaften von Flüssiggas auseinanderzusetzen und die installierte Flüssiggasanlage genau zu kennen.

 

Eigenschaften von Flüssiggas

Flüssiggas ist ein farbloses und fast geruchloses Gemisch aus niedrig siedenden Kohlenwasserstoffen (Propan, Propen, Butan, Buten), die bei relativ niedrigem Druck verflüssigbar sind. Im flüssigen Zustand beansprucht es nur einen Bruchteil (1/260) seines Gasvolumens und kann daher in Flaschen gelagert und transportiert werden. Da Flüssiggas – je nach Zusammensetzung – 1,5 (Propan) bis 2 (Butan) mal schwerer ist als Luft, sammelt es sich bei Austritt an der tiefsten verfügbaren Stelle (Bilge). In Verbindung mit Luft ist es brennbar bzw. explosiv. Bei der Verbrennung von 1 kg Flüssiggas werden etwa 12 m3 Luft verbraucht. Dabei entstehen CO2 (das zwar per se nicht giftig, aber in Konzentrationen über 4 % gesundheitsschädlich ist) und H2O.

 

Flüssiggasanlage an Bord

Zur Gasanlage an Bord gehören Verbrauchsstellen (z. B. Herd, Kühlschrank), Gasflasche(n) sowie Leitungen (zum Teil unsichtbar) und Absperrventile.

 

Erforderliche Kenntnisse, Fähigkeiten, Ausrüstung

Wer mit dem Boot unterwegs ist, sollte wissen,

  • wo die Absperrventile angebracht sind,
  • welche Geräte sich an Bord befinden,
  • welche Funktionen und Aufgaben die einzelnen Teile haben.

Außerdem sollte er fähig sein, eine Gasflasche vorschriftsmäßig zu wechseln und eine Dichtheitsprobe (mit Manometer oder Leckanzeiger) durchzuführen.

Die Gasflasche ist üblicherweise ist in einem Gasflaschenkasten mit Lenzöffnung nach unten-außen untergebracht und sollte mechanisch gesichert sein. Eine Öffnung zum Bootsinneren ist nicht zulässig.

Zusätzlich zu den vorgeschriebenen Feuerlöschern ist es sinnvoll, einen Gasalarm zu installieren. Eine Löschdecke, griffbereit in Herdnähe, kann kleine Missgeschicke im Keim ersticken.

 

Ausdehnungsverhalten von Flüssiggas

Flüssiggas dehnt sich bei Wärmeeinwirkung aus. Nur 1 °C Temperaturerhöhung hätte bei einer zu 100 % gefüllten Flasche bereits 7 bar Druckerhöhung zur Folge. Aus diesem Grund dürfen Gasflaschen nur zu 80 % befüllt werden, was durch kilometrische Befüllung sichergestellt wird. Bei Überdruck verhindert das eingebaute Sicherheitsventil ein Bersten der Flasche, indem es Gas an die Außenluft abführt.

 

Funktionsweise einer Flüssiggasanlage

Bei der regulären Gasentnahme sinkt der Flüssigkeitspegel in der Flasche. Durch Nachverdampfung bleibt der Druck von 7,3 bar bei 20 °C jedoch erhalten. Ist die Flüssigphase aufgebraucht, wird das Gas dünner, der Druck fällt schnell. Um den für die Verbrauchsstellen erforderlichen konstanten Betriebsdruck von 30 mbar bzw. 50 mbar (bei Bestandsanlagen) zu erzeugen, ist dem Flaschenventil ein Druckminderer nachgeschaltet.

 

Risikofaktoren

Ist die Anlage in ordnungsgemäßem Zustand und werden bei der Bedienung alle Vorschriften sorgfältig eingehalten, geht vom Flüssiggas keinerlei Gefahr aus. Anders sieht es allerdings aus, wenn die Anlage schadhaft ist oder fehlerhaft bedient wird. Mögliche Folgen sind Explosion (z. B. durch Gas in der Bilge), Brand (ausgelöst beispielsweise beim Kochen durch ein Geschirrtuch in der Nähe des Herds) oder Ersticken wegen Sauerstoffmangels im Schiff. Dann droht der „schleichende Tod“ durch Kohlenmonoxidvergiftung.

 

Was ist CO?

Kohlenstoffmonoxid oder Kohlenmonoxid (CO) ist ein farb- und geruchloses Atemgift und deshalb so gefährlich, weil der Mensch es nicht wahrnehmen kann. Eine Vergiftung äußert sich mit Symptomen wie Schwindel, Übelkeit, Verwirrtheit oder Bewusstlosigkeit. Das längere Einatmen geringer Konzentrationen führt langfristig zu chronischen Herz- oder Nervenerkrankungen.

 

Wie entsteht CO?

Generell wird Kohlenmonoxid bei der Verbrennung kohlenstoffhaltiger Substanzen, wie z. B. Holz, Kohle, Papier, Erd- und Flüssiggas oder vieler Kunststoffe, freigesetzt. Unzureichende Sauerstoffzufuhr führt zu unvollständiger Verbrennung und dadurch steigt der CO-Gehalt stark an. Im Regelfall transportieren funktionierende Abgasanlagen die Verbrenungsluft nach außen ab. Auch bei Fäulnisprozessen oder bei Gärung (z. B. im Weinkeller) entsteht gefährliches CO.

An Bord entsteht CO bei Verwendung des Gasherdes – also beim Kochen. Ein gut belüfteter Innenraum versorgt nicht nur die Flamme mit Sauerstoff, er dient auch dazu, die Abgase zu verdünnen und nach außen zu bringen. Deshalb ist es bei Betrieb des Gasherdes unter Deck wichtig, für gute Lüftung zu sorgen.

 

Wie schütze ich mich?

Der einfachste Schutz ist die Vorbeugung und richtige Verwendung der Geräte. Aufkleber am Gasherd oder in der Nähe erinnern daran. Regelmäßige Wartungen und Checks an Gasgeräten und Abgasführungen erhöhen die Sicherheit. Ein gutes CO-Warngerät erkennt frühzeitig einen Anstieg des CO-Gehalts in der Luft und sorgt damit zusätzlich für Sicherheit.

 

Zusätzlicher Schutz durch Kohlenmonoxid-Warnmelder

Durch Installation eines Kohlenmonoxid-Warnmelders können Sie Ihren Schutz sinnvoll verbessern. Dabei sind folgende Punkte zu beachten:

  • Die Installation eines Kohlenmonoxidwarnmelders ist eine sinnvolle Ergänzung und kein Ersatz für Rauchmelder.
  • Ein Kohlenmonoxidwarnmelder kann keine Wartung der Heizanlage ersetzen oder Prüfintervalle verlängern.
  • Die Messung erfolgt nach dem Integrationsprinzip – wobei sowohl die CO-Konzentration als auch der Zeitraum, über den diese Konzentration gemessen wird, Alarm-Kriterien sind.
  • Der CO-Warner sollte nach gültigen Normen (z. B. DIN EN 50291-1) geprüft sein.
  • Er sollte sowohl optischen als auch akustischen Alarm auslösen. Die Alarmtöne sollten deutlich von Diagnosetönen unterscheidbar sein.
  • Ein Anzeigedisplay zum Verständnis der unterschiedlichen Meldungen und Alarme ist sinnvoll.
  • Außerdem sollte der Warnmelder über folgende Funktionen verfügen: Automatischer Selbsttest, Warnung bei Störungen, Anzeige des Endes der Lebensdauer der Messzelle.
  • Wichtig ist Batteriealarm.
  • Erhältlich sind Batterielaufzeiten von einigen Jahren (bis zu 10 Jahren).

 

Wie verhalte ich mich, wenn der CO-Warner anschlägt?

Wenn der CO-Warner anschlägt, ist schnelles Handeln gefordert: Die Verbrennung abstellen und Lüften sind die ersten Maßnahmen. Je nach Ursache müssen eine .Überprüfung und ggf. Instandsetzung der Anlage(n) veranlasst werden.

 

Mögliche Ursachen für überdurchschnittlichen CO-Anstieg:
  • Defekte oder mangelnde Wartung,
  • verlegte Abgasführungen und Abgasanlagen,
  • undichte Abgasanlagen (z. B. Standheizung),
  • ungünstige Windverhältnisse am Ankerplatz,
  • zu wenig Zuluft durch verschlossene Luken und Türen,
  • Auspuffanlage in der Nähe von Ansaugöffnungen (Standheizung
  • oder Klimaanlagen),
  • nicht fachgerechte Nachinstallation von Generatoren, Standheizungen, Klimaanlagen,
  • schlecht abgedichtete Abgasführungen, schlecht abgedichtete Motorschottwand etc.

 

Wie wirkt Kohlenmonoxid auf den Menschen?

Kohlenmonoxid ist farblos, geruchlos, geschmacklos und hochgiftig. Es kann vom Menschen nicht wahrgenommen werden. Im Körper blockiert es den Sauerstofftransport über die roten Blutkörperchen und führt damit quasi zu einem „inneren Ersticken“. Der Vergiftete verspürt dabei jedoch keine Atemnot.

Bei leichten CO-Vergiftungen können die Symptome wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Schläfrigkeit leicht dazu führen, dass die eigentliche Ursache übersehen wird. Im Fall hoher CO-Konzentrationen in der Raumluft genügen bereits wenige Atemzüge bis zum Eintritt der Bewusstlosigkeit oder nachfolgend des Todes.

 

Richtiges Verhalten bei Verdacht auf eine CO-Vergiftung

Vergiftungen durch Kohlenmonoxid sind selten und schwer zu erkennen. Sollten Sie daher aufgrund der Umstände und Symptome bei Ihnen oder anderen Personen das Vorliegen einer CO-Vergiftung vermuten, muss der Rettungsdienst verständigt und auf die Möglichkeit einer CO-Vergiftung hingewiesen werden.

 

Gefahrenherd Klimaanlage

Filter und Luftkanäle von Klimaanlagen sollten sauber gehalten werden. Gefährlich wird es, wenn Klimaanlage und Gasherd gleichzeitig betrieben werden: Aufgrund der mangelnden Frischluftzufuhr droht Erstickungsgefahr.

 

Gefahrenherd Standheizung

Wird an Bord eine Standheizung betrieben, ist besonderes Augenmerk auf die Kontrolle der Abgasleitung und der Brennerkammer (Tausch nach Herstellerempfehlung!) zu richten. Regelmäßige Abgasmessungen sorgen für Sicherheit.

Zu den Hauptfehlerquellen gehört die falsche Positionierung des Abgasauslasses unter oder neben Belüftungseinrichtungen und Fensteröffnungen oder dem Heizlufteinlass. Auch hier droht Erstickungsgefahr.

Im wahrsten Sinn des Wortes brandgefährlich ist eine falsch positionierte Mündung der Abgasleitung: Durch übermäßige Hitzeentwicklung kann Feuer ausbrechen.

 

Regeln zur Verhütung von CO-Vergiftungen
  • Das A und O ist der richtige Umgang mit den Geräten. Daher Bedienungsanleitungen immer sorgfältig lesen und befolgen.
  • Der Gasherd darf auf keinen Fall als Raumheizung missbraucht werden.
  • Keine brennbaren Gegenstände (z. B. Geschirrtuch) in der Nähe des Herds. 
  • Herd (Brenner) sauber halten.
  • Gut lüften.
  • Bei Nichtverwendung von Verbrauchsstellen und beim Verlassen des Boots Absperrventile betätigen.
  • Alle neuralgischen Stellen regelmäßig überprüfen und warten, Lenzöff nung (Flaschenkasten) checken.

Durch Einhaltung dieser Regeln werden Unfälle wirksam verhindert. Für den Fall der Fälle ist die Installation von CO-Warnmelder, Gasalarm sowie Rauch- und Brandmelder unbedingt empfehlenswert. Eine Löschdecke in greifbarer Nähe des Gasherds erstickt Feuer, bevor es um sich greift.

 

Rechtliche und normative Verweise:

EN ISO 10239 „Flüssiggasanlagen auf kleinen Wasserfahrzeugen“ (maßgeblich für die Erstinstallation).

Arbeitsblatt G 608 des DVGW (für Überprüfung /Wartung). 

 

Leo Hugl veranstaltet regelmäßig Workshops und Seminare zum Thema Flüssiggas an Bord, Bordelektronik und Borddiesel und berät Eigner beim Umbau und Einkauf von Yachten.

www.leoyacht.at

 

 

 


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