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Bestand an Autogas-Fahrzeugen seit fünf Jahren in Folge rückläufig


Auch wenn von offiziellen Stellen teils widersprüchlich publiziert wird: Derzeit nehmen in Deutschland nur noch 395.592 Autogasfahrzeuge am Straßenverkehr teil – deutlich weniger als vor fünf Jahren. Die Tendenz ist seit 2014 stetig fallend und eine Konsolidierung des Bestandes ist nicht in Sicht. Wenn für die gut 7000 LPG-Tankstellen hierzulande auch künftig noch ausreichend Kundschaft bereit stehen soll, besteht dringender Handlungsbedarf. Es ist nicht etwa fünf vor zwölf, sondern eher schon Viertel nach. Lässt sich die Uhr noch einmal zurückdrehen oder ist der alternative Antrieb schon bald automobile Geschichte?

 

(Grafik: KBA)

 

Einmal im Jahr müssen die alternativen Antriebe Farbe bekennen:  Jeweils zum 1. Januar stößt das Kraftfahrt-Bundesamt einen Algorithmus an, der zählt, wie viele Fahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebsarten unterwegs sind. Genau dieser Vorgang liefert einen Überblick über die Verbreitung von Autogasantrieben, denn die LPG-betriebenen Fahrzeuge kommen bekanntlich nicht nur als Neufahrzeuge (also Erstzulassung) auf den Markt, sondern werden auch nach der Erstzulassung noch umgerüstet – und zwar zum überwiegenden Teil.

Die Zahlen, die das KBA für das Jahr 2018 (mit Stichtag 1.1.2019) publizierte, bieten allerdings Anlass zur Besorgnis: Seit dem Höchststand 2014 mit 500 867 zugelassenen Autogasfahrzeugen sank der Bestand kontinuierlich zum 1.1.2019 auf 395 592 Fahrzeuge. Die Gründe für den mehr als 20-prozentigen Rückgang in den letzten vier bis fünf Jahren liegen auf der Hand: Autogasanlagen wurden ur-sprünglich für Saugmotoren entwickelt und versahen in Kombination mit dieser Technik zuverlässig ihren Dienst: Laufleistungen von bis zu 500.000 km waren keine  Seltenheit. Mit der Einführung der Direkteinspritzer-Technologie, bei der der Kraftstoff, wie es der Name schon sagt, direkt in den Brennraum injiziert wird, änderte sich vieles. Autogas musste weiterhin über Injektoren im Saugrohr dem Motor zu geführt werden, was gewissermaßen eine „Vergewaltigung“ des neu entwickelten Konzepts der emissionssparenden Kraftstoffversorgung darstellt. Damit erreichten Autogasanlagen ihre physikalischen Grenzen, denn die immer filigraneren, sensiblen Einspritzstrategien der Motorenhersteller, die das neue Konzept ermöglichte, konnte man mit  Autogas nicht oder nur bedingt abbilden. Entsprechende Bemühungen um technisch machbare Möglichkeiten bewegten sich auf dünnem Eis: Entweder erwies sich die Entwicklung als zu kostenaufwendig, als ein rechtlich fragiles Produkt oder aber in der Praxis als wenig haltbar. Hohe zusätzliche Benzinverbräuche oder ein in vielen Fällen kompletter Ausfall der Gasanlage nach Werkstatt besuchen trieben selbst eingefleischte Gasfahrer zum Dieselkraftstoff – ein Schritt, den viele nach erheblichen Wertverlusten angesichts der „Dieselkrise“ wohl nachhaltig bereuen dürften. Dort, wo die etablierten Hersteller in der Entwicklung quasi stehen geblieben sind, zeichnet sich allerdings eine Lösung ab, die einen Weg aus der „Autogaskrise“ weisen könnte.

Für die Betreiber von Autogas-Tankstellen stellt sich so langsam die Gretchenfrage: Lohnt es sich bei einem dauerhaften Rückgang des Bestands an Autogas-Fahrzeugen noch, das bestehende Tankstellennetz weiterhin in der jetzigen Form mit gut 7000 LPG-Zapfsäulen bundesweit aufrechtzuerhalten? Investitionen in die Tankstelleninfrastruktur, wie beispielsweise der geforderte Anfahrschutz und technische Ersatzbeschaffung, trüben zusätzlich die betriebswirtschaftliche Bilanz. Um diese Frage allerdings zumindest halbwegs abschließend beantworten zu können, bedarf es der Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren. Hierzu zählen unter anderem die technische Entwicklung künftiger Autogasanlagen sowie langfristig auch das  Verhältnis der politisch Verantwortlichen zum Thema Autogas und deren Wille, den Kraftstoff abseits der angesagten Elektromobilität, Wasserstoff- und LNG-Lösungen in die Energiewende zu integrieren. Bis 99 % weniger Feinstaub und je nach Betrachtungsweise zwischen 10 und 20 % weniger CO2-Emissionen wären eigentlich starke Argumente, um LPG in künftige Überlegungen mit einzubeziehen.

Auf der anderen Seite der Medaille steht die technische Entwicklung der Gasanlagen. Nur wenn die mit der Entwicklung der modernen Motorentechnik Schritt halten kann, werden sich auch zukünftig Fahrzeuge an den LPG-Tankstellen mit Kraftstoff versorgen. Hier könnte eine technologische Neuentwicklung, über die in den vergangenen Ausgaben bereits hinreichend berichtet wurde, den leicht angestaubten Autogas-Systemen wieder auf die Sprünge helfen.

Ein weiteres Kostenproblem hat die Branche allerdings längst erreicht: Nach den bisherigen Planungen der Sachverständigenorganisationen und der in-volvierten Arbeitskreise des Bund-Länder-Fachausschusses „Technisches Kraftfahrwesen“ müssen die alten Euro-6-Abgasmessungen auf Euro 6 d TEMP angepasst werden. Dazu fordert man im überregulierten Deutschland den Prüfzyklus WLTP und RDE, während beispielsweise Länder wie Italien weiterhin den NEFZ anwenden. Hier kommen abermals erhebliche Kosten auf die Hersteller von Gasanlagen zu, die dazu führen könnten, dass sich die Schwergewichte der Branche vom deutschen Markt verabschieden werden. Stoppen kann man diesen Wahnsinn wohl nur noch auf höchster politischer Ebene.

Letztlich liegt die Entscheidung, ob Autogas zukunftsfähig sein wird, beim Verbraucher und nicht bei politischen Visionären. Gut 7000 Tankstellen sind ein starkes Argument. Wie stark, sieht man bei den Erdgasantrieben. Die Zahl der Erdgasfahrzeuge stieg zwar an, aber auf niedrigem Niveau, gemessen am Marketing-Aufwand, den die Erdgaslobby in die, bei weniger als 900 Tankstellen, zugegebenermaßen schwierige, Vermarktung des Kraftstoffs investiert. Das Stimmungsbarometer bei vielen CNG-Tankstellenbetreibern tendiert in Richtung hoffnungslos, da erwartete signifikante Zuwächse im Gesamtbestand der Fahrzeuge seit fast einem Jahrzehnt auf sich warten lassen. Im Gegenteil: Meldungen über explodierende Erdgastanks machen die Runde, teilweise mit verheerenden Folgen. Erdgasfahrer beschleicht beim Tanken mittlerweile ein ungutes  Gefühl, seit auch Tanks aus modernen Verbundmaterialien explodierten.

Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Im fünften Jahr in Folge sinkt der Bestand an Autogasfahrzeugen. Längerfristig betrachtet wies der Markt schon immer eine gewisse Volatilität auf, doch der Bodensatz dürfte wohl langsam erreicht sein. Für eine Erholung ist es allerdings wichtig, dass die Voraussetzungen stimmen: Mehr politische Aufmerksamkeit für Autogas als emissionsarmer Kraftstoff, innovative Lösungen für künftige Autogas-Systeme und nicht normative Überregulierung entscheiden letztlich darüber, ob LPG noch eine Zukunft hat – oder aber nicht.

Generell gilt aber: Auf Autogas zu verzichten hieße im Umkehrschluss, dass letztlich mehr Kraftstoffe wie Benzin oder Diesel in Verkehr gebracht werden müssten. Die wiederum würden die Umwelt weitaus stärker belasten als der Alternativkraftstoff Autogas, dessen Abgase um bis zu 13 % CO2- und bis zu 99 % Feinstaub-reduziert sind.

 


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