Autogas-Unfälle: Systemimmanente Probleme beim Minibefüllanschluss
Beim Alternativantrieb Autogas scheint derzeit etwas grundlegend schief zu laufen. Insbesondere dann, wenn es um ältere Fahrzeuge geht, die den Prüforganisationen vorgestellt werden, um den umgangssprachlichen „TÜV zu machen“. Der geneigte Betrachter kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als wolle man hier lediglich noch abkassieren, solange es geht — sprich, solange Autogasantriebe noch einigermaßen verbreitet sind. Harte Worte? Mitnichten. Ein neuerlicher Zwischenfall mit einem Autogas-Volvo in der Region Mannheim passt offensichtlich genau in dieses Bild.
Was war passiert? In einem Volvo älteren Baujahrs, der mit einer Autogasanlage nachgerüstet wurde, kam es kurz nach dem Tankvorgang zu einer Verpuffung von Autogas, die dem Fahrer Verbrennungen an den Händen und im Gesicht zufügte. Für die Spurensuche reichte schon ein einfaches Pressefoto vom Fahrzeug mit der geöffneten Tankklappe, um den Minibefüllanschluss für Autogas als Wurzel allen Übels auszumachen. Dies war nicht der erste Fall dieser Art – und sicher auch nicht der letzte, wenn sich die Prüforganisationen nicht bald auf ihre eigentliche Pflicht besinnen.
Unfallursache 1: Pfusch beim Einbau
Der Kardinalfehler, der hier begangen wurde: Um den Minibefüllanschluss in der Tankklappe des Volvos zu verbauen, wurde diese vorschriftswidrig zerlegt. Die beiden ausladenden Wangen, die der zusätzlichen Befestigung mittels zweier einfacher, aber wirkungsvoller Blechschrauben dienen, wurden entfernt. Dadurch wurde der Druck, der durch Tankadapter und Füllpistole auf dem Minibefüllanschluss lastet, teilweise nach innen weitergegeben. Im Laufe der Zeit führte das zu einer Undichtigkeit. Ein Leerrohr, das austretende Gase unter den Fahrzeugboden ab führen sollte, war nach ersten Aussagen nicht ordnungsgemäß befestigt, ein Gasabführrohr unter dem Fahrzeug mit einer Dichtmasse verschlossen. Man muss wahrlich kein AutogasExperte sein, um festzustellen, dass hier gehörig auf Kosten der Sicherheit gepfuscht wurde.
Unfallursache 2: Versagen der Prüforganisation
Dennoch erfolgten eine, wenn nicht gar zwei Untersuchungen einer Prüfungsorganisation ohne irgendwelche Beanstandungen.Man scheint dort mehr damit beschäftigt zu sein, die künftigen neuen Abgasvorschriften für Autogasantriebe gewinnbringend umzusetzen, als für Sicherheit zu sorgen. Vor diesem Hintergrund passt auch die Klageabweisung ins Bild, mit der eine Sachverständigenorganisation in einer anderen Rechtsangelegenheit in Sachen Autogas gerade scheiterte: Die Organisation erklärte, sie sei nur für die Sicherheit anderer verantwortlich, aber nicht für die Sicherheit des verletzten Fahrzeugnutzers. Gut, dass der zuständige Richter diesen Einwand nicht gelten ließ und die Klageabweisung zurückwies.
Prüfverfahren unvollständig
Würde man sich ernsthaft um das Thema Sicherheit bemühen, hätte man längst erkannt, dass die Prüfungen in der derzeitigen Form bei einigen Organisationen nicht alle sicherheitsrelevanten Komponenten beinhalten. Als unfallträchtige, gefährliche Schwachpunkte haben sich in letzter Zeit der Minibefüllanschluss, dessen Befestigung und die Gasleitung zum Tank erwiesen. Hier erfolgt nur in den seltensten Fällen eine Überprüfung auf Dichtigkeit, weil der Prüfer sich kaum die Mühe macht, noch zu testen, ob auf der Leitung überhaupt Druck vorhanden ist. Ist – aus welchen Gründen auch immer – kein Gas in der Leitung, kann auch nichts entweichen. Da nutzen auch keine Apparaturen, die nach Gaslecks suchen.
Kein Einzelfall
Es scheint sich hierbei um ein prüfungsimmanentes Problem zu handeln, das dringend gelöst werden muss, denn diese Gefahrenstelle war nach letzten Erkenntnissen wohl auch für den Autogasunfall seinerzeit in Mönchengladbach ursächlich. Weitere Recherchen ergaben, dass andernorts wohl mehr als 30 ähnlich gelagerte Fälle dokumentiert sind. Für die behördliche Aufarbeitung heißt es dann lapidar, austretendes Gas habe die Verpuffung ausgelöst. Zweifelhafte, gerichtlich beauftragte Sachverständige begründen mit kruden, durch nichts belegbare Theorien, wie es durch sogenannte „Fehlbetankung“ zu dem Unfall habe kommen können.
Oberstes Gebot: Sicherheit
Sicherheit sollte immer dann, wenn Gasantriebe im Spiel sind, oberste Priorität genießen. Doch gerade daran hapert es oftmals. Übrigens: auch in Dormagen kam es gerade wieder zu einer Verpuffung von Autogas. Die Folge: ein lebensgefährlich Verletzter, drei Schwerverletzte. Es ist an der Zeit, dass sich die Sachverständigenorganisationen, allen voran der VDTÜV, dieser Problematik annehmen.
Gründlichkeit erwünscht
Zuviel Kritik an TÜV & Co.? Keineswegs. Der Autor selbst musste feststellen, dass bei der Vorführung eines Gasfahrzeuges in zwei von vier Fällen eine Gasanlage gar nicht erkannt wurde und man erst auf ausdrücklichen Hinweis untersuchte.