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Autogas nach Strom günstigster Energieträger?


Seit 1. Oktober 2021 reiben sich vermutlich einige Verbraucher an den Tankstellen verwundert die Augen: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verpflichtet Tankstellenbetreiber, den sogenannten „Energiekostenvergleich für Personenkraftwagen in €/100 km“ an den Zapfsäulen gut sichtbar zu platzieren. Als günstigste Energieform wird darin – wie kaum anders zu erwarten – die Elektromobilität ausgewiesen. Für viele wohl ein wenig überraschend, folgt auf Platz zwei bereits Autogas, während Erdgas deutlich teurer daherkommt.

 

(Bild: BMWI)

 

Dass insbesondere Autogas immer noch zu den günstigsten Antriebsenergien zählt, wissen LPG-Nutzer längst. Aber wer die Stromkosten für 100 km näher betrachtet, wird sich fragen, ob die kommunizierten Zahlen denn so ihre Richtigkeit haben.

 

Nachgefragt beim Ministerium

Weil die Veröffentlichung des Wirtschafts- und Energieministeriums keinerlei Aussagen über die Quellen trifft, haben wir einmal genauer nachgefragt. In einer schriftlichen Stellungnahme der Pressestelle des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie heißt es:

„Hintergrund der europäischen Regelung ist es, mehr Transparenz auf dem vielfältigen Kraftstoff - bzw. Energieträgermarkt zu schaffen und Verbraucherinnen und Verbraucher für alternative Antriebe und Energieträger für Personenkraftwagen zu sensibilisieren. Die im Vergleich zugrunde gelegten durchschnittlichen Kraftstoff - oder Energieverbrauchsdaten stammen vom Kraftfahrt-Bundesamt. Für die Kosten der jeweiligen Kraftstoffe bzw. Energieträger wurde auf die Durchschnittspreise des 2. Quartals 2021 abgestellt. Bei der Preisermittlung für komprimiertes Erdgas (CNG) wurden sowohl fossiles Erdgas als auch Biomethan berücksichtigt. Der Ladestrompreis für Elektrofahrzeuge entspricht dem Durchschnittspreis für Ladestrom am Haushaltsanschluss.“

 

E-Mobilität einseitig bevorzugt

Was sich in der Stellungnahme so flüssig liest, nämlich der sogenannte „Durchschnittspreis für Ladestrom am Haushaltsanschluss“, birgt in Wahrheit deutlich mehr Zündstoff, als es sich auf den ersten Blick erschließt. Viele Stromversorger bieten Sonderpreise, teilweise unter 19 Cent pro kWh Strom an der Wallbox des eigenen Hauses an. Muss man aber auf öffentliche Ladestationen zurückgreifen, kann der Preis auch schon einmal bei mehr als 90 Cent liegen. Und berücksichtigt man die teilweise geringe Reichweite der Elektrofahrzeuge unter bestimmten äußeren Bedingungen, wie beispielweise in den Wintermonaten, können nur die wenigsten permanent auf den eigenen Strom zu Sonderpreisen zurückgreifen. Diese Preise als „Durchschnitt“ zugrunde zu legen, bedeutet eine Täuschung des Verbrauchers.

Der sollte auch einmal ins Kleingedruckte schauen: Wallboxes mit günstigem Ladestrom gelten als sogenannte „steuerbare Verbrauchseinrichtungen“. Dabei darf der Lieferant von Ladestrom, also der Stromversorger, bei einer kurzzeitig auftretenden hohen Leistungsnachfrage im Stromnetz den Ladevorgang unterbrechen, um eine Netzüberlastung zu verhindern. Im Klartext kann das heißen: Der E-Autofahrer lädt über Nacht, um dann am Morgen, wenn er zur Arbeit fahren will, festzustellen, dass die Batterien immer noch leer sind.

 

Auch Benzinkosten in der Kritik

Doch nicht nur der Strompreis sollte auf dem Prüfstand stehen. Auch der preisliche Unterschied zwischen Super E 5 und Super E 10, der mittlerweile 6 Cent pro Liter beträgt, kann so nicht stimmen, schon gar nicht bei eher verbrauchsintensiven Mittel- bis Oberklassefahrzeugen. Nur leider kann das der Endverbraucher an der Zapfsäule nicht nachvollziehen.

Wie heißt es in der Stellungnahme des BMWi weiter?: „Die EURichtlinie 2014/94 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID) gibt vor, dass die EU-Mitgliedstaaten an Tankstellen einer bestimmten Größe (mehr als sechs Mehrproduktzapfsäulen) einen Energiekostenvergleich vorhalten müssen. Mit den Regelungen zum Energiekostenvergleich im Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz werden die Vorgaben aus dieser EU-Richtlinie umgesetzt. Wir beobachten genau, wie sich diese Darstellung in der Praxis bewährt, sie geht – wie gesagt – zurück auf eine europäische Regulierung. Natürlich muss aber die Wirkung und der Einsatz in der Anwendung immer genau beobachtet werden, ob sich die Darstellung bewährt oder Verbesserungen auch im europäischen Prozess diskutiert werden müssen.“

Wohlgemerkt, es handelt sich hier wieder einmal um eine EU-Vorgabe, die in nationales Recht umgesetzt wird. Auch an anderer Stelle haben wir bereits Kritik an den EU-Verordnungen zur Abgasnorm Euro 7 geäußert. Mit dem Energiekostenvergleich setzt sich die verbrennerfeindliche Haltung der EU-Politik fort. Dabei den Schwarzen Peter Richtung Brüssel zu schieben, wäre dennoch falsch, denn für die Umsetzung trägt letztlich das BMWi die Verantwortung.

 

Autogas: Bei richtiger Berechnung günstiger als Strom

Ein schwacher Trost bleibt zumindest für die Autogasfahrer: Sie fahren nach dieser Darstellung deutlich günstiger, ab Mittelklasse sogar für weniger als die Hälfte – zumindest das ist klargestellt. Und bei einer richtigen Berechnung der Kosten für Ladestrom wäre Autogas sogar die günstigste Mobilitätsform.

 


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