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Bakterien produzieren Propan


Sie sind dem Geheimnis der Propan-Produktion auf der Spur (von links) Prof. Dr. Kai-Uwe Hinrichs, Verena Heuer (Postdoc, Uni Bremen), Yu-Shih Lin (Doktorandin) und Stefanie Lüers (Technikerin im Projektbereich).

 

Während einer Expedition vor der Küste Südamerikas hat ein internationales Meeresforscher-Team entdeckt, dass Ethan- und Propanvorkommen tief unter dem Meeresboden weit verbreitet sind und dass Mikroorganismen bei der Entstehung dieser energiereichen Gase eine Schlüsselrolle spielen. Das Team unter Leitung von Prof. Kai-Uwe Hinrichs beschreibt die neuen Erkenntnisse in einem Artikel, der Mitte Oktober in der Fachzeitschrift "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS) erschien.
Die in dem angesehenen Wissenschaftsmagazin veröffentlichten Befunde weisen auf bislang ungeahnte Stoffkreisläufe und Stoffwechselprozesse in der so genannten tiefen Biosphäre hin.
"Eigentlich war es ein Zufallsfund", erinnert sich Prof. Hinrichs, der das Projekt leitete. An Bord des Expeditionsschiffs "JOIDES Resolution" untersuchte der Bremer Geochemiker Ablagerungen, die südlich der Galapagos-Inseln und vor der Küste Perus bis zu 400 Meter tief im Meeresboden erbohrt worden waren. Die Tiefe von 400 Metern wurde erst nach einer Bohrphase von 2 Tagen erreicht. Das vorrangige Ziel der Arbeiten war es zunächst, chemische Prozesse in der tiefen Biosphäre zu untersuchen. Dass nun vor Peru besondere Phänomene auftreten würden, erwartete niemand. "Wir hatten während der Expedition so viel Probenmaterial zu bearbeiten, dass sich die Probengläschen mit den bis zu 40 Millionen Jahre alten Meeresablagerungen schnell türmten, denn an fast Tausend Proben wollten wir Gasgehalte bestimmen." Trotz der bis zu 14-stündigen Arbeitsschichten konnten viele Proben erst deutlich später als geplant gemessen werden. Glücklicherweise. "Denn in vielen der schon etwas `älteren` Proben bemerkten wir ungewöhnlich hohe Konzentrationen an Ethan und Propan", berichtet der Bremer Meeresforscher. Auch Spuren von Butan sind dabei entdeckt worden, davon allerdings nur in äußerst geringen Mengen. Bald wurde klar, dass die Gase während der Wartezeit aus den Sedimenten entwichen sein mussten.
Die Wissenschaftler begannen sich zu fragen, welche Prozesse tief im Meeresboden für die erhöhten Gaskonzentrationen verantwortlich sind, auch vor dem Hintergrund, dass an einer Stelle gebohrt wurde, wo nach Darstellung der Wissenschaftler weit und breit keine Erdöl- oder Erdgaslagerstätte zu finden war.
Normalerweise entstehen Ethan und Propan im Zuge der Bildung von Erdöl und Erdgase - unter erhöhten Temperaturen und Drücken und ohne dass Mikroorganismen direkt beteiligt sind. In dem Artikel, der kürzlich in PNAS erschien, kann das Forscherteam aber zeigen, dass bei der Entstehung der energiereichen Gase im Untersuchungsgebiet Druck und Temperatur nicht die Ausschlag gebenden Faktoren sind. Mikroorganismen spielen hier die Schlüsselrolle. Allerdings, so Hinrichs, konnten bisher noch keine Spezifizierungen vorgenommen werden. Das heißt: Mikroorganismen spielen bei der Produktion eine Rolle, welche aber genau involviert sind, ist noch unklar. Für das Team spielt dieser Sachverhalt zunächst nur eine untergeordnete Rolle, denn primäres Ziel soll es demnächst sein, die Vorraussetzungen für die molekularen Abläufe im Labor nachzuvollziehen und zu verstehen. "Zunächst ist unser Fund eher für den Bereich der geochemischen Grundlagenforschung von Bedeutung. Machen wir in der nächsten Zeit auch weiterhin Fortschritte bei der Simulation der Prozesse im Labor, werden wir natürlich auch verstärkt über mögliche ökonomische Nutzungen nachdenken", betont Hinrichs mit Blick auf "gefühltes starkes Interesse aus der Industrie".
"Meeresablagerungen enthalten organisches Material - die Überreste der im Ozean lebenden Pflanzen und Tiere", erklärt Prof. Hinrichs. Dieses Material stellt eine wichtige Lebensgrundlage für das mikrobielle Leben in der tiefen Biosphäre dar. Bei den dort ablaufenden Recyclingprozessen entsteht auch Acetat. Bakterien wandeln dieses Salz der Essigsäure um: "Sie nutzen den im Sediment vorhandenen Wasserstoff, um Ethan zu produzieren sowie Wasserstoff und anorganischen Kohlenstoff, um Acetat in Propan umzuwandeln." Insbesondere die Messungen der stabilen Kohlenstoffisotope des Propans deuten auf einen ungewöhnlichen Bildungsmechanismus hin.
Sollten zukünftige Versuche im Labor von Erfolg gekrönt sein, hat der Bremer Geochemiker schon einen Plan in der Hinterhand: "Dann sollten wir schauen, ob es uns gelingt, die Ausbeute des Energieträgers Propan mit Hilfe der Bakterien zu erhöhen. Derzeit ist das natürlich noch Zukunftsmusik." Aber eine nicht übermäßig ferne, denn die Indizien sind hartnäckig. Trotzdem gilt derzeit noch der Grundsatz: "Wir haben keine genaue Vorstellung davon, wie die Lebensgemeinschaften von Mikroorganismen in der tiefen Biosphäre agieren und zusammengesetzt sind", so Hinrichs.

 


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